Die IT-Girls bauen ihre eigene Wetterstation

© DKJS / Volker Beushausen

Eine leuchtend grüne Plastikbox steht heute im Mittelpunkt des Unterrichts bei den IT-Girls der Mathilde Anneke Gesamtschule Münster. Neun Mädchenköpfe beugen sich neugierig darüber, als Verena Witte von Re:edu die „senseBox“ aufklappt und erklärt, was dieser Elektronikbaukasten alles enthält: einen programmierbaren Mikrocontroller und jede Menge Sensoren, mit denen sich Umweltdaten erheben lassen. „Damit können wir unsere eigene Wetterstation bauen“, schlägt Techniklehrer Sascha Sodies den IT-Girls vor. Diese Projektgruppe hat er vor zwei Jahren im Rahmen der Begabtenförderung ins Leben gerufen.

Wissen weiterzugeben stärkt das Selbstbewusstsein

Die Mädchen aus den Klassen 8 bis 10 verbindet ihr großes Interesse an Technik. In der Projektgruppe haben sie schon so viel gelernt, dass sie mittlerweile zu Expertinnen an der Schule geworden sind. Wenn irgendwo ein Beamer nicht funktioniert oder Mitschüler:innen mit dem iPad nicht klarkommen, werden die IT-Girls gerufen. „Ich habe großen Spaß daran, anderen zu helfen, wenn sie technische Probleme haben“, erklärt die 14-jährige Vanessa. „Wissen weiterzugeben stärkt das Selbstbewusstsein“, weiß Sascha Sodies, der genau das auch mit der senseBox vorhat. Sobald die Umweltmessstation installiert ist und die Mädchen die Funktionsweise beherrschen, werden sie in die verschiedenen Klassen gehen und den anderen Schüler:innen beibringen, was sich damit alles machen lässt.

Die Arbeit mit der senseBox stärkt die Zukunftskompetenzen

Zunächst müssen die IT-Girls die senseBox aber selber zusammenbauen, programmieren und die entsprechenden Messeinrichtungen montieren, um dann die Umweltdaten auslesen zu können. „Dieses Projekt deckt den gesamten MINT-Bereich ab und stärkt die Zukunftskompetenzen der Mädchen“, erklärt Sascha Sodies. Die Beschäftigung mit Klimadaten konfrontiere sie mit dem Thema Nachhaltigkeit und bereite sie gut auf die Herausforderungen der Zukunft vor. Auch Lina ist gespannt auf das Experimentieren mit der senseBox. „In unserer Klasse hatten bislang nur die Jungs Ahnung von Technik. Ich möchte aber auch informiert sein, denn Technik braucht man in allen Lebensbereichen“, so die 15-Jährige, die vor allem die gute Zusammenarbeit in der Mädchengruppe schätzt.

Guter Einstieg in die Welt des Programmierens

Die senseBox wurde am Forschungs- und Schülerlabor GI@School des Instituts für Geoinformatik an der Uni Münster entwickelt. Mit Hilfe von Sensoren lassen sich verschiedene Klima- und Umweltdaten, wie zum Beispiel Luftdruck, Temperatur und Regenmenge, aber auch CO2 oder Feinstaub messen. Die Programmieroberfläche „Blockly“ bietet den Mädchen einen einfachen Einstieg in die Welt des Programmierens. „Wir wollen mit der senseBox verschiedene Experimente durchführen, um sie erst einmal kennenzulernen“, erklärt Sascha Sodies. „Dann wollen wir eine Wetterstation für unsere Schule bauen, mit der wir Messdatenreihen erhalten und auswerten können.“ Die Daten können dann per Bluetooth direkt auf die Smartphones, iPads oder Apple-TVs in den Klassenräumen übertragen werden.

In Mädchengruppen lässt es sich intensiver arbeiten

Rosa freut sich darauf, die Messeinrichtungen zusammenzubauen und dabei ihre eigenen Ideen einbringen zu können. „Wenn man selber etwas umsetzt, lernt man es viel besser“, so die 14-Jährige, die gerne Kinderpsychologin werden möchte. Lina findet es gut, dass die Arbeit in der Projektgruppe sehr praxisbezogen ist: „Wir lernen Sachen, die wir auch wirklich anwenden können.“ Dass sie hier nur unter Mädchen ist, gefällt ihr gut. „In der kleinen Gruppe kann man viel intensiver arbeiten“, so die 15-Jährige. Sascha Sodies lässt die IT-Girls im Unterricht sehr selbstständig arbeiten und hat festgestellt, dass sie viel selbstbewusster geworden sind: „Wenn keine Jungs dabei sind, trauen sie sich eher, Fragen zu stellen und probieren alles aus, auch wenn sie noch nicht wissen, was dabei rauskommt. So verlieren sie die Angst vor Technik und erwerben neues Know-how, das sie für die Zukunft gut gebrauchen können.“

Schule braucht mehr Lebenswirklichkeit

Vanessa kann sich vorstellen, dass Kompetenzen wie Kommunikation, Kreativität und kritisches Denken künftig immer wichtiger werden. „Wenn ich nicht so gut in Kommunikation wäre, könnte ich mich auch in den technischen Dingen nicht so gut verständigen“, so die 14-Jährige, die vielleicht mal einen technischen Beruf wählen möchte. Lina findet das kritische Denken eine wichtige Voraussetzung dafür, um etwas verändern zu können. Auch für Rosa ist es wichtig mitzuentscheiden und Kritik zu äußern. „Man sollte sich selbst nicht zurückstellen und sich viel mehr einbringen“, so das 14-jährige IT-Girl. Wenn Sascha Sodies an die Schule der Zukunft denkt, würde er sich mehr fächerübergreifende Projekte wünschen. „Schule muss aufwachen und mehr in der Lebenswirklichkeit unterrichten“, so der Techniklehrer.

Die IT-Girls der Mathilde Anneke Gesamtschule Münster wollen eine eigene Wetterstation für ihre Schule bauen.
Text: Dorothee Pilavas
Fotos: © DKJS / Volker Beushausen
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