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Rolle von Vorbildern bei der Berufswahl

Berufsorientierung als komplexer Prozess

Berufsorientierung ist ein komplexer Prozess, der die Persönlichkeitsbildung, Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe und Vorbereitung auf die berufliche Arbeitswelt zum Ziel hat. Weil dies so vielschichtig ist, benötigen Jugendliche Unterstützung – sei es durch die Eltern, Lehrkräfte, Peers oder die Medien. Gendersensible Berufsorientierung möchte diesen Prozess bei Mädchen und Jungen jenseits von Klischees, Geschlechternormen und gesellschaftlichen Erwartungen befördern. Kinder erleben schon im frühen Alter eine geschlechtsspezifische Sozialisation und werden unterschiedlich erzogen. Diese Zuschreibung von bestimmten Geschlechterrollen hat auch Einfluss auf die Berufswahl. So entscheiden sich viele junge Erwachsene für geschlechtstypische Berufe. Gerade bei Mädchen und jungen Frauen kommt es aufgrund von „mangelnde[m] Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten und unzureichende Transparenz über Berufs- und Karrieremöglichkeiten für Frauen in diesen Bereichen“ zu erschwerten Entscheidungen. Diese „führen letztendlich wieder zur ´traditionellen` Berufswahl.“ (Bredow, 2004).

Mit Vorbildern gendersensible Berufsorientierung gestalten

Es gilt also diese tradierten Muster und Bilder bei den jungen Frauen und Mädchen aufzubrechen und ihr Interesse und die Begeisterung in den Gebieten, wie beispielsweise dem MINT-Bereich, zu fördern. Eine sozial-kognitiven Lerntheorie geht davon aus, dass das Handeln von Mitmenschen eine Bedeutung für das eigene Handeln hat und eine Orientierungshilfe ist. So können Frauen, die in geschlechtsuntypischen Berufen arbeiten und diese tradierten Bilder widerlegen, dabei unterstützen. Durch sie kann die Zukunft für die jüngere Generation mit der eigenen Geschichte greifbar und gestaltbar werden. Diese weiblichen Vorbilder können Mut machen, sich mit bisher unbekannten Berufsfeldern auseinanderzusetzen und die Hürden verringern, andere Wege einzuschlagen. Sie fungieren als „Ermutigung zum Anderssein“ (Wentzel, 2013).

Wie wirken Vorbilder?

Vorbilder wirken in der Berufsorientierung allerdings nicht per se. Es gibt Erkenntnisse über Faktoren, die die Wirkung des Einsatzes von Vorbildern beeinflussen. Beispielsweise sollten sich die Berufsorientierenden auch mit den Vorbildern identifizieren können, etwa in Geschlecht oder Alter. „Hinzu kommt, dass die beobachtende Person sich in ihrem Verhalten nur an einem Vorbild orientiert, wenn sie davon ausgeht, selbst über ausreichende Kompetenzen für das beobachtete Verhalten zu verfügen.“ Es hätte also bei einer 15-Jährigen, die auf ihren mittleren Schulabschluss zusteuert und sich in der Schule eher für praktische Tätigkeiten begeistert, keinen großen Einfluss auf ihre Berufswahl, wenn das Vorbild eine Frau ist, die als CEO in einem Tech-Konzern arbeitet. Eine junge Auszubildende in einem handwerklichen Beruf, wäre in diesem Fall eine wirkungsvollere Wahl.

Bei Mädchen und jungen Frauen auf weibliche Vorbilder und ungewöhnliche Berufe zu setzen, macht Sinn. Studien zeigen, dass Mädchen Frauen eher als Vorbilder betrachten als Männer (Zinnecker et al., 2002) „Geschlecht ist also ein wichtiges Distinktionsmerkmal für Mädchen und junge Frauen bei der Wahl eines Vorbildes“ und das Merkmal „Frau“ also eines […], das in einem MINT-Berufsfeld an sich und erst recht bei einem Mädchenprojekt als zentrales Charakteristikum heraussticht“. Somit „scheint es naheliegend, dass Mädchen das Geschlecht der Berufstätigen, denen sie im Projektverlauf begegnen, durchaus als relevant betrachten und als Vergleichsmerkmal wahrnehmen“ (Wentzel, 2013).

Potenzial von Rollenvorbildern bestätigt

Ob es eine einmalige Begegnung bleibt oder die Vorbilder Mädchen und junge Frauen in Form von Mentoring-Programmen intensiv und über einen längeren Zeitraum begleiten, spielt hier auch eine Rolle. Die Praxis zeigt, dass diese Impulse in der Berufsorientierung zentral sind, wenn sie zu einer informierenden Berufswahl führen sollen. In einer Befragung, die zum Girls Day 2013 stattgefunden hat, wurde das Potenzial von Rollenvorbildern vor allem in der MINT-Berufsorientierung bestätigt: „Frauen können in MINT-Berufsorientierungsprojekten als Rollenvorbilder wirken und dazu beitragen, dass Schülerinnen konkrete MINT-Berufe, die sie kennengelernt haben, als attraktive Optionen empfinden.“ (Wentzel, 2013).

Quellen

Hilda Müller (2010): Der Einfluss von Vorbildern auf die Berufswahl – Wie prägen Vorbilder junge Frauen und Männer bei der Berufswahlorientierung in Bezug auf technische Berufe?

Wenka Wentzel (2013): Weibliche Rollenvorbilder in MINT-Berufsorientierungsprojekten für Mädchen – unverzichtbar oder überschätzt? Der Einfluss weiblicher Betreuungspersonen am Girls’Day auf die Berufsorientierung der Teilnehmerinnen

Zum Weiterlesen

Methodenset von Klischeefrei, Initiative zur Berufs- und Studienwahl

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