Jule Rombey
Tischlermeisterin

© Jule Rombey

Wie bist du zu deinem Beruf gekommen?
Ich habe mich schon sehr früh von dem Beruf der Tischlerin begeistern lassen, da mein Vater selber Schreiner ist und bis vor ein paar Jahren die Werkstatt in der Garage am Haus hatte. Dort durfte ich von klein auf mithelfen und konnte so das Handwerk spielerisch kennenlernen. Ich durfte immer neue interessante Sachen machen und habe sehr früh gelernt, was Handwerk bedeutet. Nämlich immer unterschiedliche Sachen zu machen, Dinge mit den eigenen Händen zu schaffen und das Getane am Tagesende zu sehen. Und das hat mir von Anfang an total viel Spaß gemacht.

Hattest du ein Vorbild, das dich in deiner Berufswahl unterstützt hat?
Schon immer war mein Vater mein Vorbild. Ich habe gesehen, was er kann, täglich macht und auch irgendwie alles schafft. Hinzu kam, dass ich mit ihm von Anfang an sehr partnerschaftlich arbeiten konnte. Er war mein Vorbild, aber ist mir trotzdem auf Augenhöhe begegnet. Sonst würde unsere Zusammenarbeit gar nicht so gut funktionieren, wenn er als Vater einen nicht auch als Geschäftspartnerin respektieren würde.

Wie lange arbeitest du schon in deinem Beruf?
Seit 2015 – da habe ich mit 16 Jahren die Ausbildung als Tischlerin angefangen. Ich wollte frühzeitig rein in die Berufswelt und mit in den Betrieb von meinem Vater einsteigen. Zu dieser Zeit hat mein Vater seine Schreinerei vergrößert, so hat der Moment perfekt gepasst, mit einzusteigen, die Ausbildung bei meinem Vater zu machen und den Betrieb in Zukunft gemeinsam zu führen. Auf das Abitur habe ich verzichtet, mich ganz bewusst dagegen entschieden. Nicht, weil die Noten nicht gestimmt haben – alle meine Lehrer:innen hätten mich gerne im Abitur gesehen. Aber ich wollte den Meister machen, dieser ist höhergestellt als das Abitur und mittlerweile sogar dem Bachelor gleichgestellt. Deshalb machte es in meiner Laufbahn keinen Sinn, drei weitere Jahre zur Schule zu gehen, sondern mehr Sinn, direkt in die Praxis zu einzusteigen und dann eine gute Meisterschule zu besuchen. Diese habe ich 2020 abgeschlossen und bin seitdem wieder bei meinem Vater im Betrieb als Meisterin eingestellt.

Was sind deine nächsten Ziele?
Mein Vater hat sich damals auf den Treppenbau spezialisiert, diesen finde ich super interessant und es macht viel Spaß. Ich persönlich kann mich aber im Möbelbau sehr viel besser verwirklichen. Ich möchte den Betrieb in Richtung Möbelbau erweitern. Mein Ziel wäre es, den guten Namen, den sich mein Vater im Bereich Treppen geschaffen hat, auch für Möbel ganz nach oben zu bringen. Wenn man das Möbel sieht, sagt „Das muss von Rombey sein!“. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, den man sich ganz klar erarbeiten muss.

Gibt es Dinge, die dir immer wieder passieren, denen sich vielleicht ein Mann in deiner Position nicht so häufig ausgesetzt fühlt?
Nein, eher nicht. Da habe ich wirklich Glück. Ich muss dazu sagen, dass ich von manchen Kolleginnen höre, dass es da leider anders aussieht und dass sie sich mehr behaupten und durchsetzen müssen. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber ich komme mit meinen Kollegen sehr gut klar.
Vielleicht ist es bei mir auch eine Einstellungssache, dass ich da sehr locker mit umgehe. Ich weiß, dass nicht alle körperlichen Voraussetzungen gleich sind wie bei Männern. Ich nehme gerne Hilfe an, wenn ich weiß, ich bekomme etwas nicht hochgehoben oder die fest angezogene Zwinge nicht los.

Du bist auch auf Social Media sehr aktiv und stellst deinen Beruf vor. Wie bist du dazu gekommen?
Während der Ausbildung habe ich als Ausbildungsbotschafterin gearbeitet. Das heißt, dass ich in die Schulen gegangen bin und auf das Handwerk aufmerksam gemacht habe. Ich habe versucht, besonders junge Frauen anzusprechen. So bin ich auf die Kampagne von der Verlagsanstalt Miss&Mister Handwerk aufmerksam geworden. Damit bin ich in Social Media reingerutscht und habe gemerkt, dass die Leute sich für meinen Content interessieren. Und auch, dass sich junge Mädchen über Social Media über Berufe informieren und man ihnen wirklich Mut machen kann.
Darüber ist eine Werbeagentur auf mich aufmerksam geworden und ich bin Kampagnenbotschafterin geworden. Ich hatte das Glück, eine von fünf Kampagnenbotschafterinnen 2020 zu sein, die das Handwerk nach außen präsentiert haben: auf Plakaten oder im Fernsehen. Wir waren sogar beim Bundespräsidenten eingeladen und durften an einer teilnehmen.

Was machst du außerhalb deiner reinen Arbeit als Tischlerin?
Mir ist die Nachwuchsförderung sehr wichtig. Wir haben im letzten Jahr mit befreundeten Handwerker:innen aus der Region aber auch überregional eine ziemlich coole Kampagne ins Leben gerufen „Handwerk hilft“. Der Hauptgedanke dahinter ist, junge Menschen, vor allem Schüler:innen und junge Frauen, mit dem Handwerk in Verbindung zu bringen sowie gemeinsam Spenden für bedürftige Kinder zu sammeln und Mut zu machen. Mit der Kampagne wollen wir auf das Handwerk aufmerksam machen und zeigen: „Wir sind eine zuverlässige Gemeinschaft“. Das hat ziemlich gut geklappt, die Aktion wurde vor allem bei Schülern supergut angenommen. Das erfüllt total.

Was möchtest du Mädchen und jungen Frauen mitgeben?
Ganz klar: Sich nicht unterkriegen lassen und den eigenen Weg verfolgen – sich auch mal von der Masse abgrenzen. Da kann ich ganz klar aus Erfahrung sprechen. Ich habe mir auch insgeheim Gedanken gemacht, wie meine Entscheidung angenommen wird. Gerade als 13 bis 14-jähriges Mädchen macht man sich Gedanken, was die anderen davon halten. Aber meine Erfahrung war, es wird von allen total gut aufgefasst. Alle fanden es cool, dass jemand mal was anderes macht und dass man nicht mit der Masse schwimmt. Da kann ich wirklich mit auf den Weg geben, seinen eigenen Weg zu finden, denn alle anderen gibt es schon. Man muss wirklich man selbst sein und dann bleibt man auch authentisch und hat Erfolg damit. Das ist mein Lebensmotto.

Du kennst unsere 6 Zukunftskompetenzen. Welche ist in deinem Alltag am wichtigsten?
Grundsätzlich begegnen mir alle Zukunftskompetenzen täglich und sind somit auch wichtig. Wie für uns alle, ist die Kompetenz Collaboration sehr wichtig, Wir müssen uns alle auf unsere Kolleg:innen verlassen können und möchten mit ihnen bei der Arbeit Spaß haben. Was für mich auch eine superwichtige Zukunftskompetenz ist: Coolness. Man muss in allen Situationen cool bleiben, wenn einem ein Fehler passiert oder auch wenn man an den Maschinen steht. Nervös werden bringt in diesem Fall keinen weiter. Außerdem ist in meinem Job ganz klar Creativity noch wichtig, gerade wenn es um das Designen von Möbel geht.

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